Sammelschein für Fallholz

Sammelschein für Fallholz

Eingangsdatum: 
10. März 2010 09:48 Uhr
Text des eingegangenen Vorschlags: 

Verkauf und Ausgabe von Erlaubnissen, in den städtischen Wäldern und Parks umgefallene Bäume zu zerlegen und für den Hausgebrauch mitzunehmen. Das gibt es etwa in Duisburg schon seit Jahren.

Das hätte zwei Vorteile:

  1. sofortige Einnahmen für den Sammelschein
  2. umgefallene Bäume würden von den Bürgern schneller "entsorgt", als sich das Grünflächenamt darum kümmern kann. Man braucht ja nur an den Sturm von letzter Woche zu denken: derzeit kommt die Stadt mit der Beseitigung von umgefallenen Bäumen kaum hinterher. Möglicherweise lässt sich dadurch sogar Personal einsparen...

Die Anzahl der Haushalte mit einem Kamin oder Holzofen hat in letzter Zeit stark zugenommen, das Interesse wäre sicher vorhanden.
Man könnte dabei evtl. den Einsatz von Maschinen (Kettensägen) verbieten und lediglich das Zerlegen mit Säge und Beil erlauben.

Stellungnahme der Verwaltung: 

Das Amt für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen (Amt 67) ist für die erwähnten Parks zuständig. Für den Bereich Wald ist das Amt für Umweltschutz (Amt 70) zuständig.

Amt für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen (Amt 67)
Zu 1. Bei der Stadt Duisburg wird ein Sammelschein historisch begründet lediglich für den Bereich Wald ausgegeben. Anzumerken dabei ist, dass die Ausgabe und spätere Kontrolle der Gültigkeit der Sammelscheine erheblichen personellen und finanziellen Aufwand zur Folge hat.

Zu 2. Im Gegensatz zur Beobachtung des Bürgers ist anzumerken, dass die vom Sturmtief verursachten Schäden an Bäumen innerhalb einer Arbeitswoche von dem für einen derartigen Arbeitseinsatz fachlich ausgebildetem Personal des Amtes 67 beseitigt worden sind.

Aus Sicht des Amtes 67 ist der Konsolidierungsvorschlag des Bürgers nicht umsetzbar und bringt weder finanzielle noch personelle Einsparungen für die Stadt Mülheim an der Ruhr. Der geschilderte Fall, dass Bäume vom Sturm umstürzen und schnell entsorgt werden müssen, beschreibt lediglich eine Ausnahmesituation. Da selbst diese Bäume nach ihrem Umfallen immer noch unter Spannung stehen können, ist es notwendig, dass das Zersägen des Baumes von dafür ausgebildeten Facharbeitern durchgeführt wird, die die dabei auftretenden möglichen Gefahren schon im Vorfeld erkennen und somit vermeiden können.

In diesem konkreten Fall stellt sich auch die Frage, wie interessierte Bürger über umgestürzte Bäume in Kenntnis gesetzt werden sollen? Eine Hotline oder Pressemitteilung für ein entsprechendes Brennholzmanagement erfordern zusätzliches Personal. Außerdem wären mehrfache Kontrollen durchzuführen, damit nicht Bestandteile wie Wurzeln, Äste, Zweige und mit Handsägen nicht zerteilbares Stammholz in der Anlage verbleiben, die im Abschluss dann immer noch von Mitarbeitern des Amtes 67 entsorgt werden müssten. Diese Entsorgung ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden, da Interessenten nur das für sie brauchbare Holz entnehmen und das übrige sich in der Anlage verteilt. Auch ist zu bedenken, dass die Bürger mit Fahrzeugen und Anhängern in die Anlage fahren, um ihr Kaminholz abzutransportieren, was zu Fahrspuren in den Wegen und Rasenflächen führen wird, die anschließend wieder mit hohem Aufwand beseitigt werden müssen. Umgestürzte Bäume können zudem nicht endlos in Anlagen verbleiben, da sie zum Klettern einladen und so potentielle Unfallgefahren hervorrufen, zu deren Vermeidung das Amt 67 vom Gesetzgeber im Rahmen der Verkehrssicherung verpflichtet ist.

Dies alles verdeutlicht, dass der Konsolidierungsvorschlag die Stadt im Bereich Grünanlagen finanziell und personell leider eher be- als entlasten würde.

Umweltamt (Amt 70)
Aus Sicht der Waldbewirtschaftung ist die Holzentnahme aus dem Wald bei Ausgabe von Holzsammelscheinen wirtschaftlich nicht sinnvoll und wäre auch nicht mehr zu kontrollieren. Die Tätigkeit spielt sich in der Regel am Wochenende, späten Nachmittag oder Abend ab, d.h. zu Zeiten, in denen der Wald intensiv zur Erholung genutzt wird. Da zum Abtransport des Holzes Kraftfahrzeuge benutzt würden, ist ein Konflikt mit den anderen Waldnutzern vorprogrammiert. Der Verwaltungsaufwand für Kontrolle und Verbuchung wäre erheblich. Die skizzierte Einnahme ist sicher zu hoch angesetzt, da die übliche Gebühr z.B. in Süddeutschland bei ca. 10-20 Euro liegt, jedoch zuzüglich der Bezahlung der entnommenen Holzmenge, die jeweils gesondert aufzumessen wäre (Verwaltungsaufwand). Für den abgebenden Forstbetrieb keine lohnende Einnahme und nur dann zu rechtfertigen, wenn diese Schwachholzsortimente anderweitig nicht abgesetzt werden können. Das ist in Mülheim nicht der Fall. Das verwertbare Holz wird bei geringem logistischen Aufwand zur Herstellung von Holzhackschnitzeln verwendet.

Jeder Mülheimer Bürger kann bei der Forstverwaltung zum Preis von 65 €/Raummeter inklusive Anlieferung Kaminholz erwerben. Probleme das Holz abzusetzen gibt es nicht.

Zudem verstößt eine derartige Verwertung von Restholz gegen die Richtlinien von Naturland und FSC, nach denen der Mülheimer Wald zertifiziert ist. Totholz wird durch eine Vielzahl von Organismen genutzt, die sich an diesen Lebensraum angepasst haben. Je nach Holzart und Stand des Verfallsprozesses sind etwa 600 Großpilzarten und rund 1350 Käferarten an der vollständigen Zerstörung eines Holzkörpers beteiligt. Zwischen Pilzen und Insekten bestehen unterschiedlichste Abhängigkeiten. Insekten übertragen Pilzsporen auf den Holzkörper, die Pilze können wiederum Nahrungsquelle und Teillebensraum für Insekten sein. Dies führt dazu, dass jeder Totholztyp (ob liegend oder stehend, Stamm-Kronenholz oder Holzart), über seine eigene Flora und Fauna verfügt. Viele Tiere und Pflanzen, die auf Totholz angewiesen sind, stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Diese Arten sind in ihrer Lebensweise hochgradig auf bestimmte Zerfalls- und Zersetzungsphasen von Holz angewiesen. Pilze, Flechten, Moose, Farne und viele Insektenarten, wie etwa Ameisen, Hautflügler und Schmetterlinge finden hier ihren Lebensraum. Die Bedeutung des Totholzes ist auch in Mülheim besonders gut mit dem Vorkommen von Käfern zu belegen. So leben rund 25 % aller in der Bundesrepublik Deutschland vorkommenden Käferarten am Holz verschiedener Zerfallsstadien. Viele dieser Käfer gehören zu den bedrohten Arten. Viele dieser Arten zeigen spezielle Ansprüche hinsichtlich ihres Lebensraumes. Als herausragender Käfer für den Mülheimer Wald ist der Hirschkäfer zu nennen, der vorwiegend Laubgehölze bevorzugt. Hier ist seit Änderung des Waldbewirtschaftungskonzeptes im Jahr 1990 eine erhebliche Zunahme zu verzeichnen.