Ertragsverbesserung durch erhöhte Bundeszuschüsse

Ertragsverbesserung durch erhöhte Bundeszuschüsse

Eingangsdatum: 
2. März 2010 16:22 Uhr
Text des eingegangenen Vorschlags: 

Rahmen:
Betroffen ist Amt 50, betroffene Personengruppe sind "Aufstocker", welche ihr ihr eigenes Einkommen (unter 400 Euro monatlich) zusätzlich mit Arbeitslosengeld II aufstocken müssen. Diese Personengruppe kann für die eigene Altersvorsorge  Riesterverträge mit lediglich dem Mindesteigenbeitrag von 60 Euro jährlich (5 Euro monatlich) weiter sparen und somit in den Genuss der Bundesförderung von Zulagen kommen. Bei Singles 154 Euro jährlich (fast 13 Euro monatlich), für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern rund 678 Euro jährlich (fast 57 Euro monatlich). Nach SGB II, Kap. 2, § 11 Ziff. 4 ist der Eigenbeitrag vom Einkommen abzuzsetzen. Was vordergründig dem städtischen Haushalt 5 Euro monatlich spart, verschenkt jedoch 100 Euro monatlichen Bundeszuschuss.

Auswirkung auf den Haushalt:
Der Eigenbeitrag (5 Euro monatlich) muss während des Leistungsbezugs nicht vom Sparer aufgebracht werden, sondern erhöht den Anspruch auf ergänzende Leistungen, muss also aus dem Haushalt finanziert werden.
Dem gegenüber stehen jedoch nach SGB II, Kap. 2, § 11 Ziff. 2 letzter Absatz 100 Euro monatlich abzusetzender Betrag, welcher den Bundeszuschuss für den Leistungsfall zu Gunsten des städtischen Haushalt erhöht.
Geht man von rund 790 Leistungsempfängern aus, bei 1,3 Empfängern pro Haushalt somit rund 600 Haushalten, von denen nur 30% weiter oder zusätzlich etwas für ihr Alter ansparen möchten, also rund 200 Fällen, macht dies einen Aufwand von 60 Euro p.a. x 200 = 12.000 Euro p.a., jedoch eine Mehreinnahme von 100 Euro x 12 = 1.200 Euro p.a. x 200 = 240.000 Euro p.a.  
aus. Unter dem Strich also eine Mehreinnahme von 228.000 Euro p.a.

Was ist zu tun:
Am 1.3. war Herr Riester in meinem Büro zu Gast und ich konnte dieses Thema persönlich vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Alterskapital der Menschen besprechen. Bundesweit wird dieses Thema in der Praxis leider weder vom Arbeitsamt, noch vom Sozialamt den Betroffenen erklärt, noch liegt die notwendige Sachkenntnis hierzu in der Breite vor. Auch Google ist hier am Ende, weil die falschen Fragen gestellt werden. Das  
BMAS und die Regierung unterstützten nachdrücklich die Bildung des Alterskapitals auch in Phasen der Hilfsbedürftigkeit. Die Bundesmittel werden hierzu völlig unzureichend ausgeschöpft und somit eine mögliche  
Entlastung des städtischen Haushaltes an dieser Stelle meist überhaupt nicht diskutiert.

Ein einfaches Infoblatt für Leistungsempfänger, sowie Sachbearbeiter (Arbeits- und Sozialamt) sollte diese Möglichkeit aufzeigen. Im persönlichen Beratungsgespräch sollten die Leistungsempfänger überzeugt  
werden, hierfür ist eine kurze Einweisung der Sachbearbeiter nötig. Möglicher Weise muss auch mit einem Produktanbieter kooperiert werden, damit eine einfache Umsetzung möglich ist. Empfehlung ist, hier dem Sparer keine Vorgabe mit nur einem Anbieter zu machen, sondern unter den besten Angeboten auswählen zu können. Gleichwohl müsste in erster Linie gerade hier die Sparkasse ihrer gemeinnützigen Verpflichtung nachkommen. Ich biete gerne unverbindlich und ohne Honorar meine Mitarbeit in diesem Thema an.

Nebeneffekt:
Das Alterskapital der Bürger ist für den langfristigen Haushalt der Stadt ein nicht zu unterschätzendes Guthaben auf Privatkonten, welches Zuwendungen einspart - und für den Bürger eine zusätzliche, geförderte Altersvorsorge.

Zusatzinfos:
- Aus der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 18.09.2009:
"...Interessant ist die Riester-Rente zudem für diejenigen, die ihr eigenes Einkommen zusätzlich mit Arbeitslosengeld II aufstocken müssen. Denn der jährliche Mindesteigenbeitrag zur Riester-Rente von 60 Euro wird in diesen Fällen vom maßgebenden Einkommen abgezogen und erhöht damit den Anspruch auf ergänzende Leistungen. "Aufstocker" müssen also in der Zeit des Leistungsbezugs den Eigenbeitrag nicht selbst aufbringen. Die Idee dahinter: Riester-Sparen ist eine langfristige Angelegenheit, die langen Atem und Ausdauer braucht. Wer einmal in schwierigen Zeiten nicht oder nicht ausreichend aus eigenem Einkommen für das Alter vorsorgen kann, der soll deswegen nicht gänzlich auf das zusätzliche Alterssparen verzichten müssen."
- SGB II sollte vorliegen.

Stellungnahme der Verwaltung: 

Der Vorschlagende hat eine Ertragsverbesserung im Zusammenhang mit dem Abschluss von Riester-Rentenverträgen durch die Personengruppe der ALG II -Aufstocker (Einkommen unter 400 Euro) errechnet. 

Während des Bezugs von Arbeitslosengeld II sind erwerbsfähige Hilfebedürftige in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich pflichtversichert, allerdings nur mit verminderten Leistungsansprüchen. Deshalb kann dieser Personenkreis natürlich zusätzlich und eigenständig für das Alter vorsorgen. Eine Möglichkeit hierzu ist z.B. eine Riester-Rente.

Nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II können vom Einkommen erwerbsfähiger Hilfebedürftiger geförderte Altersvorsorgebeiträge (Riester) nach § 82 des Einkommensteuergesetzes (EstG) abgesetzt werden, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten.

Die notwendige Sparleistung für eine volle Riester-Förderung beträgt in den Fällen, in denen im Vorjahr ausschließlich Arbeitslosengeld II bezogen wurde, regelmäßig 60 Euro im Jahr, entsprechend 5 Euro im Monat. Dafür bekommt beispielsweise ein allein stehender kinderloser Empfänger von Arbeitslosengeld II eine staatliche Zulage in Höhe von 154 Euro jährlich. Das entspricht einer Förderquote von 72 %. Maßgeblich sind hier allerdings nur die zertifizierten Altersvorsorgeverträge (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz).

Der berücksichtigungsfähige Betrag wird durch die Höhe des Mindesteigenbeitrages nach § 86 EStG begrenzt. Grundsätzlich beträgt dieser Mindesteigenbeitrag:
2005            2 v .H., höchstens aber 1.050 Euro
ab 2006         3 v. H., höchstens aber 1.575 Euro
ab 2008         4 v. H., höchstens aber 2.100 Euro
der Einnahmen des vorangegangenen Kalenderjahres.

Hiervon sind folgende Zulagen, um die sich der zu leistende Eigenanteil verringert, abzusetzen:

Jahr Grundzulage (jährlich) Zulage je Kind (jährlich)
2005 76 Euro 92 Euro
ab 2006 114 Euro 138 Euro
ab 2008 154 Euro 185 Euro (300 Euro für ab 1. Januar 2008 geborene Kinder)

Liegt der aus dem Vorjahreseinkommen errechnete Mindesteigenbeitrag abzüglich der zuvor genannten Zulagen unterhalb eines Sockelbetrages von derzeit 60 Euro, ist stattdessen der Sockelbetrag als Mindesteinlage zu leisten (§ 86 Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG). 

Der Bürger führt hier in seinem Konsolidierungsvorschlag aus, dass durch den Abschluss von Riesterrenten zu Gunsten des städt. Haushaltes ein Bundeszuschuss in Höhe von 100 Euro monatlich geleistet würde und dass so eine Mehreinnahme von 228.000 Euro realisierbar wäre.

Diese Darstellung ist nicht zutreffend.  

Nach der vom Bürger hier angeführten Vorschrift (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II, -zu berücksichtigendes Einkommen-) ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 (Nr. 4 = geförderte Altersvorsorgebeiträge) ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen.

Dies bedeutet, dass von dem Einkommen aus einer Beschäftigung auf 400 Euro-Basis lediglich 300 Euro als Einkommen berücksichtigt werden. Zusätzlich gewährt der Gesetzgeber auf der Grundlage des § 30 SGB II (Freibeträge bei Erwerbstätigkeit) noch einen Freibetrag in Höhe von 60 Euro, sodass faktisch nur 240 Euro als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt werden.

Der ALG II Bedarf wird um dieses bereinigte Einkommen gemindert.
Beispiel: (Alleinstehender)

Bedarf Regelleistung 359,00 Euro
Kosten der Unterkunft 300,00 Euro
SUMME 659,00 Euro
     
Einkommen   400,00 Euro
./. Grundfreibetrag 100,00 Euro
./. Freibetrag § 30 SGB II   60,00 Euro
ANRECHENBARES EINKOMMEN 240,00 Euro
     
ALG II ANSPRUCH 419,00 Euro
     

                                             
Gem. § 6 Abs. 1 Nr.1 SGB II i.V.m. § 46 Abs. 1 SGB II trägt allerdings der Bund die Aufwendungen für die Regelleistungen. Die Kommunen sind gem. § 6 Abs. 1 Nr.2 SGB II für die Kosten der Unterkunft kostenpflichtig. 
Durch die vorgenommene Einkommensbereinigung wird das anrechenbare Einkommen gemindert und damit der Förderbedarf durch Steuergelder sogar erhöht.
Mehreinnahmen sind für die Stadt Mülheim an der Ruhr durch den Konsolidierungsvorschlag nicht zu realisieren.
Einsparungen könnten sich auf lange Sicht ggf. daraus ergeben, dass bei einer weiter bestehenden Hilfebedürftigkeit im Alter und einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) die Riester-Rente als Einkommen zu berücksichtigen wäre. Insoweit würde sich der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII um die Höhe der zur Verfügung stehenden Rente mindern.

Grundsätzlich ist natürlich der Abschluss einer zusätzlichen Altersvorsorge auf jeden Fall sinnvoll.