Aufgabe der städtischen Trägerschaft des Kunstmuseums in der Alten Post

Aufgabe der städtischen Trägerschaft des Kunstmuseums in der Alten Post

Ergebnis -20 Punkte
Entscheidung: 
Vom Rat abgelehnt.
Vorschlagsnummer: 
121
Kennzeichnung: 
Vorschlag der Verwaltung

In den nächsten Jahren soll der finanzielle Zuschuss der Stadt zum Betrieb des Kunstmuseums sukzessive zurückgefahren werden und interessierte Dritte aus der Bürgerschaft und Wirtschaft sollen als Partner, Projektsponsoren oder Gönner gewonnen werden. Hierzu wird es notwendig sein, dass langfristige Partnerschaften aufgebaut werden, damit das Kunstmuseum in der Alten Post mit seiner bedeutenden Sammlung und seinem lebendigen Ausstellungsprogramm auch künftig ein Anziehungs- und Treffpunkt für viele Menschen und breite Bevölkerungsgruppen bleibt.

Lang ist die Tradition der Hilfe von Mäzenen und Stiftern, Dank derer in Mülheim an der Ruhr Kunst und deren Vermittlung blühen. Auf dieser Tradition des privaten und öffentlichen Engagements soll aufgebaut werden.

Mit der Aufgabe der städtischen Trägerschaft des Kunstmuseums in der Alten Post können 1 Mio. Euro eingespart werden.

Ergänzende Stellungnahme der Verwaltung vom 15. März 2010:

Es ist zutreffend, dass für den Um- und Ausbau der Alten Post zu musealen Zwecken in den Jahren 1991 bis 1994 zweckgebundene Städtebauförderungsmittel vom Land gewährt worden sind. Für das Bauvorhaben sind Landesmittel in Höhe von 4,8 Mio. DM = 2.454.000 Euro gewährt worden. Die Gewährung wurde mit Bewilligungsbescheid vom 11. Dezember 1989 mit einer Zweckbindungsfrist von 25 Jahre versehen.

Die Wiedereröffnung des Kunstmuseums nach erfolgtem Um- und Ausbau fand im August 1994 statt. Im Falle der vollständigen Aufgabe des Museumsbetriebs wären somit die gewährten Landesmittel zzgl. Verzinsung für die nicht erfüllten Nutzungsjahre zeitproportional zurückzuzahlen.

Aus diesem Grunde kann eine Schließung des Kunstmuseum als Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung nicht in Betracht kommen, sondern mit der vorgeschlagenen Konsolidierungsmaßnahme wird die Aufgabe der Trägerschaft und der Weiterbetrieb durch einen derzeit noch unbekannten Dritten beabsichtigt.

Ergänzende Stellungnahme der Verwaltung vom 29. März 2010: 

Es ist zutreffend, dass für den Um- und Ausbau der "Alten Post" zu musealen Zwecken in den Jahren 1991 bis 1994 Städtebauförderungsmittel in Höhe von 4,8 Mio. DM = 2.454.000 Euro vom Land gewährt worden sind. Die Gewährung der Förderung wurde mit einer Zweckbindungsfrist von 25 Jahren versehen - für eine öffentliche Nutzung, beginnend ab 1995.

Mit der vorgeschlagenen Konsolidierungsmaßnahme wird die Aufgabe der Trägerschaft und der Weiterbetrieb durch einen Dritten beabsichtigt. Bei fortgesetzter öffentlicher Nutzung des Gebäudes ist eine Rückförderung der Städtebauförderungsmittel nicht möglich.

Einspar- oder Einnahmesumme im Jahr 2013: 
1.000.000 Euro
Einspar- oder Einnahmesumme im Jahr 2013 laut Haushaltsbeschluss: 
0 Euro

Romantik des Ohrabschneidens

Die gesamte Auseinandersetzung zeigt doch, dass die Frage nicht lauten darf: „Wo können wir am Museum sparen?“, sondern: „Wo machen wir das zweite Museum auf?“. Denn gerade die, die gegen den Erhalt stimmen, sollten noch öfters die besagten 3 Euro Eintrittsgeld investieren und sich mit den Positionen der Kunst und Künstler auseinandersetzen.

Da wird einem dann schnell klar, in welchen Situationen Künstler noch zur Arbeit fähig sind. Ein Künstler muss ständig Leidenschaft, Engagement, Zeit, Material, Präsenz und Rechtfertigung investieren.  Erschwerend kommt dann noch hinzu, seine profane Überlebensaktivität zu sichern und das ist alles andere als die „Romantik des Ohrabschneidens“. Da darf man nicht noch fragen: „Na, was hat dir das Gespräch mit dem Betrachter eingebracht?“ – „Mir nix, dem Betrachter aber … auch wenn´s nur ein neuer Gedankengang ist.“  

Die Behauptung, das Museum ist ein Ort einer gewissen Elite ist völlig absurd und lässt nur auf ein mangelndes Selbstbewusstsein und Institutionshörigkeit schließen. Nicht die Besucher der Museen sollten elitär sein, sondern natürlich die Kunst. Und das bitte in einem noch höheren Maße als bisher.

Wer nach rentablen Museen ruft, dem muss klar sein, der ruft auch nach der maßlos langweiligen Konsenskunst … und dann sind die Künstler auch irgendwann weg.

Man darf nicht vergessen, dass Kunst Arbeit ist und nicht das Ansehen von hübschen Bildchen um sich die Freizeit zu verkurzweilen. Das Kostbarste was die Kunst stellvertretend für vieles geben kann, ist eine gedankliche Eigenleistung … und davon fordere ich viel mehr.

Aber um es kurz zu machen: eine Stadt ohne Kunstmuseum ist einfach unsexy.

 

Dem kann ich nun aber nicht

Dem kann ich nun aber nicht wirklich folgen, denn im Ruhrgebiet gibt es so viele Museen, dass ich nicht gezwungen sein will, nur das eigene besuchen zu müssen (an dem mich noch nichts gereizt hat). Und so ist das eben bei Kunst: sie ist absolut subjektiv.

Reaktionen üben

Was glauben Sie, wie es in den Nachbarstädten aussieht?

Offener Brief des Förderkreises und des Kunstvereins

An den Verwaltungsvorstand
An die Mitglieder des Rates der Stadt Mülheim

Gründung einer Stiftung – zur Unterstützung des Kunstmuseums Mülheim in der Alten Post

Seit vielen Jahrzehnten begleiten der Förderkreis für das Mülheimer Kunstmuseum und der Mülheimer Kunstverein in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit erfolgreich die Arbeit des Museums.

Die vom Verwaltungsvorstand vorgeschlagenen Einsparmaßnahmen bedeuten faktisch eine Schließung spätestens Ende 2012. Den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur unserer Stadt würde damit der Zugang zu unwiederbringlichen Kunstschätzen, die seit über hundert Jahren mit Liebe zur Kunst und Sachverstand zusammengetragen wurden, für immer verwehrt.

Wir empfinden die vorgeschlagene Schließung aber auch als eine grobe Missachtung unserer jahrzehntelangen ehrenamtlichen Arbeit. Unserem Engagement ist damit der Boden entzogen.

Wir haben hierzu unseren scharfen Protest mit sehr klaren und gut nachvollziehbaren Argumenten vorgebracht.

Auf der anderen Seite ist uns die Situation unserer Stadt bewusst, die ähnlich wie viele andere Kommunen in der Nachbarschaft durch die derzeitige wirtschaftliche Lage und auch durch schwierige soziale Aufgaben, die ihr durch Bund und Land übertragen wurden, in allen Bereichen über Einsparungen nachdenken muss.

Deshalb gründen wir zurzeit eine Stiftung, die langfristig einige Aufgaben des Museums mitfinanzieren wird.

Mit freundlichen Grüßen

Renate Sommer                                                       Rainer Grillo
Vorsitzende des Förderkreises                                Vorsitzender des Kunstvereins

Frage an das Haushaltsforum

Wie viele zahlende Besucher hatte das Museum in der alten Post im vergangenen Jahr?

Ehrlich gesagt, erst wenn man diese Zahl, mit den entsprechenden Zahlen bei anderen "frewilligen" städtischen kulturellen Einrichtungen wie Volkshochschule, Stadtbücherei, Theater etc. vergleichen würde, wäre klar wie wichtig das Kunstmuseum in der alten Post den Bürgerinnen und Bürgern ist.

Nicht ganz

Ich finde schon, daß man auch alle dazuzählen müßte, die - warum auch immer - ohne Eintritt hineinkamen: sei es im Rahmen der "Langen Museumsnacht", weil man Inhaber des MülheimPass ist oder als Schulklasse - denn alle sind wichtig, oder nicht?

Alle sind wichtig

Es stimmt: alle Besucher des Museums sind in dieser Angelegenheit wichtig. Dennoch frage ich mich, wievielen Besuchern das Museum in der alten Post soviel wert ist, dass sie bereit sind, Eintritt hierfür zu bezahlen. Es ist mir klar, dass eine Kostendeckung einer solchen Einrichtung durch Eintrittspreise nahezu unmöglich ist. Es geht hier vielmehr um die Wertschätzung dieses Museums durch die Mülheimer Bürgerinnen und Bürger.

An das Haushaltsforum bzw. den Eigenbetrieb Kultur:

Können sie konkrete Besucherzahlen (Besucherzahl gesamt; Erwachsene, Kinder; erzielte Einnahmen durch Eintrittspreise) des Museums in der alten Post für das Jahr 2009 nennen?

Ihre Frage

Vielen Dank für Ihre Kommentierung,

zur Beantwortung Ihrer Fragen leiten wir Ihren Beitrag dem zuständigen Fachbereich weiter. Wir bitten um Verständnis, dass die Antwort in diesem Fall leider nicht umgehend möglich ist. Wir bemühen uns, Ihnen innerhalb von rund zwei Tagen zu antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Redaktions-Team "Haushaltsforum"

Antwort

Guten Tag,

die Angaben aus dem Fachbereiches liegen nun vor:

Das Kunstmuseum war vom 23.3. - 24.7. 2009 geschlossen.

Besucher: 11837
Museumspädagogik: 1408
Kinder- und Jugendliche: 1697
Eintrittsgelder: 20.784 €

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Redaktions-Team "Haushaltsforum"

"Gönner als NOTLÖSUNG"

Ein Kunstmuseum sollte unabhängig - mit hohem Sachverstand - WEITsichtig geführt werden.

Eine wichtige Aufgabe des Ausstellungsmachers ist es kompetent und sensibel für die Gegenwartkunst zu sein -

gleich einem Seismographen - unabhängig vom Kunstmarkt !!!

In den letzten Jahren erfahren wir weltweit was passiert , wenn Sammler und ihre angestellten Kunsthistoriker

das Ausstellungskonzept in Öffentlichen Museen gestalten - nicht die Qualität ist entscheidend - der subjektive Sammlergeschmack / der Kunstmarkt entscheidet was " Museall" ist.

Eine wichtige Aufgabe eines Stadtmuseums ist es, Gegenwartkunst zu sichten und für die nächsten Generationen von Bürgern der Stadt  ( Mülheim  ) zu bewahren.

" Ein Gönner " will vom Glanz der Kunst profitierten - dies ist sein Ziel - dafür stellt er sein Kapital zur Verfügung.

Bei einem solchen Museumkonzept ist berechtigt zu hinterfragen, ob Steuermittel dafür verwandt werden sollten - wie vielerorts geschehen.

Zum Abschluss:

" Jedem Kind ein Instrument - JeKi " und  "Jedem Kind sein Kunstmuseum "

 

Gerold Hamé / Mülheim

 

Aus Plus mach Minus...

Klarer als in der erweiterten Stellungnahme vom 29. März kann man es ja gar nicht mehr formulieren. Eine Schließung des Museums kommt schon aus rein finanziellen Gründen für die Stadt nicht in Frage.

Wenn die Stadtverwaltung nun aber aus ihrer Trägerschaft aussteigen will, dann soll sie uns doch bitteschön auch verraten, woher einerseits der "unbekannte Dritte" als Gönner plötzlich erscheinen soll, und wie sie sich vorstellt, wie das Museum ohne ihre Trägerschaft die laufenden Kosten weiterhin stemmen soll. Einfach nur aussteigen ohne auch mögliche Alternativen anzubieten ist mehr als dürftig!

Ein plötzlicher Ausstieg aus der Trägerschaft hätte zwangsläufig die Schließung des Museums zu Folge. Somit wird aus der vermeintlichen Einsparung ein Minusgeschäft, denn für die 1 Mio. die man durch den Ausstieg einspart, darf sie Stadt dann im Gegenzug gleich ca. 2.5 Mio. an das Land zurückzahlen. Somit muss man den Betrag der möglichen Einsparsumme dieses Vorschlages zu 1.5 Mio. ändern - dann aber mit einem dicken Minus davor.